Instanzgerichte Entscheidungen
Annahmeentscheidung beim Hausvertrag muss nicht in der Annahmefrist zugehen, sondern nur getroffen werden
Im Mai 1994 hat der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf folgende Entscheidung verkündet:
Hat der Antragende für die Annahme seines Angebots festgelegt, daß der andere Teil über den Antrag binnen einer bestimmten Frist zu entscheiden hat, so muss die Mitteilung der Annahmeentscheidung dem Antragenden nicht innerhalb der Frist zugehen; der Annehmende ist nur gehalten, seine Entscheidung fristgemäß zu treffen und dies dem Antragenden unverzüglich mitzuteilen.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 17. Mai 1994- 23 U 129/93 –
Gründe:
I. Das Landgericht hat die Beklagten zu Recht verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin eine Pauschalvergütung in Höhe von 42 570,- DM zu zahlen. Dieser Zahlungsanspruch findet seine Grundlage in § 7 Nr. 1 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrages. Dies hat bereits das Landgericht mit zutreffender Begründung ausgeführt. Die hiergegen von den Beklagten erhobenen Einwendungen greifen sämtlich nicht durch.
1. Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten zunächst darauf, die Klägerin habe ihr unter dem 31. 3. 1992 unterbreitetes Vertragsangebot nicht rechtzeitig, also nicht innerhalb der im Vertrag vereinbarten 3-Wochen-Frist, angenommen. Die Vorschrift des § 148 BGB, wonach die Annahme eines Angebotes nur innerhalb der hierfür durch den Antragenden bestimmten Frist erfolgen kann, ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Während nämlich nach dem im Gesetz vorgesehenen Regelfall (vgl. §§ 130 Abs. 1, 149 BGB) die Annahmefrist nur durch eine Erklärung gegenüber dem Antragenden gewahrt werden kann, haben die Parteien in zulässiger Weise eine abweichende Regelung getroffen. Sie haben am Ende des Vertrages festgelegt, daß die Klägerin über den Antrag binnen 3 Wochen zu entscheiden habe und die Beklagten bis zum Ablauf dieser Frist an das Angebot gebunden seien. Somit war die Klägerin lediglich gehalten, ihre Entscheidung fristgemäß zu treffen und den Beklagten unverzüglich mitzuteilen (vgl. §§ 133, 157, 242). Die Beklagten mußten daher die übliche Postlaufzeit in der Annahmefrist einbeziehen.
Mit ihrer gegenteiligen Ansicht können die Beklagten zudem wegen widersprüchlichen, rechtsmißbräuchlichen Verhaltens nicht mehr gehört werden. Denn sie haben auch noch nach Zugang des Schreibens der Klägerin vom 21. 4. 1992 den mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrag als bindend angesehen. Sie haben unstreitig mit dem Fachberater der Klägerin, Herrn S., und dem Architekten T. nach Zugang des Schreibens mehrere weitere Planungs- und Preisgespräche geführt. Diese Gespräche bezogen sich insbesondere auf eine Vergrößerung des Bauvolumens und die Erstellung eines Kellers. Die Beklagten sind darüber hinaus auch noch in ihrem Schreiben an die Klägerin vom 1. 7. 1992 von einem wirksamen Vertrag ausgegangen. Sie haben in diesem Schreiben ihre Zufriedenheit mit der Beratung, der Planungsvorbereitung und den Architektenleistungen seitens der Klägerin zum Ausdruck gebracht und darüber hinaus unter Bezugnahme auf die Vertragsbedingungen der Klägerin um eine detaillierte Rechnung der ihr aus dem Bauvorhaben entstandenen Kosten gebeten. Bei diesem Schreiben handelte es sich daher um eine (lediglich auf die Zukunft ausgerichtete) Kündigung des bindend abgeschlossenen Vertrages.
Die von den Beklagten in diesem Zusammenhang angeführten Entscheidungen geben zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlaß. Diese Entscheidungen sind nicht einschlägig. In allen Fällen lag eine Fristbestimmung ohne einen die gesetzliche Regelung modifizierenden Inhalt vor.
Nach allem ist auch nicht der Ansicht der Beklagten zu folgen, bei dem Schreiben der Klägerin vom 21. 4. 1992 handele es sich um ein neues Angebot i. S. des § 150 Abs. 1 BGB. Vielmehr hat die Klägerin mit diesem Schreiben das von den Beklagten unter dem 31. 3. 1992 unterbreitete Angebot in rechtsverbindlicher Weise angenommen.
2. Soweit die Beklagten sich vorgerichtlich und in der ersten Instanz darauf berufen haben, ein Vertrag sei nicht in wirksamer Weise zustande gekommen, weil nach ihrem Wunsch von vornherein die Herstellung eines Kellers als aufschiebende Bedingung in den Vertrag über die Lieferung und Errichtung des Fertighauses einbezogen worden sei, hat das Landgericht ihre Einwendung als unbegründet behandelt. Hiergegen liegt ein weiterer Berufungsangriff der Beklagten nicht vor. Es bedarf folglich keiner weiteren Ausführungen zu diesem rechtlichen Gesichtspunkt.
3. Allerdings vertreten die Beklagten auch in zweiter Instanz die Ansicht, ein Vertrag sei mit der Klägerin deshalb nicht in wirksamer Weise zustande gekommen, weil keine Einigung über alle wesentlichen Punkte des Vertrages, insbesondere nicht über den Preis, zustande gekommen sei. Sie verweisen in diesem Zusammenhang auf ihre weiteren Verhandlungen, die sie auch noch im Verlaufe des Monats April 1992 mit dem Fachberater der Klägerin und dem Architekten T. im Hinblick auf die von ihnen gewünschte Vergrößerung der Wohnfläche des Fertighauses und die Errichtung eines Kellers führten.
Auch unter diesem Gesichtspunkt haben die Beklagten mit ihrer Berufung keinen Erfolg.
Gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB ist ein Vertrag im Zweifel nicht geschlossen, solange nicht die Parteien sich über alle Punkte des Vertrages geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll. Diese Vorschrift ist unanwendbar, wenn sich die Parteien trotz der noch offenen Punkte erkennbar vertraglich binden wollten. Dies gilt erst recht, wenn sich die Parteien über eine selbständige, in sich abgeschlossene Teilleistung geeinigt haben und anschließend mit dem Ziel einer Leistungsänderung bzw. Leistungserweiterung weitere Verhandlungen führen. Die zuletzt genannten Voraussetzungen liegen hier vor. Denn die Parteien haben sich in dem Vertrag vom 31.3./ 21. 4. 1992 abschließend über die Lieferung und Errichtung eines Fertighauses vom Typ [K.-Haus] geeinigt. Ihre Einigung umfaßte auch Sonderleistungen, d. h. Veränderungen und Erweiterungen zu diesem Haustyp. Diese haben sie in der Anlage 1 zu dem genannten Vertrag im einzelnen geregelt. Sie haben darüber hinaus eine abschließende Einigung auch über die Preishöhe für dieses Haus einschließlich der Sonderwünsche erzielt. Sie haben unter § 2 des Vertrages einen abschließenden Festpreis von 425 700,- DM vereinbart. Wie bereits oben ausgeführt worden ist, haben sich die Beklagten auch noch in ihrem Kündigungsschreiben vom 1. 7. 1992 an diesen Vertrag gebunden gesehen. In diesem Zusammenhang ist allerdings nicht zu verkennen, daß die zwischen den Parteien mit dem Ziel einer Vertragsänderung geführten weiteren Verhandlungen nicht zu einer Einigung führten, weil den Beklagten insbesondere der zuletzt mit rund 814 900,- DM seitens der Klägerin errechnete Preis als zu hoch erschien. Diese Nichteinigung über die von ihnen angestrebte Auftragsergänzung bzw. Auftragsänderung ließ indessen die Wirksamkeit des unter dem 31.3./21. 4. 1992 abgeschlossenen Vertrages unberührt. Es ist auch nicht ersichtlich, daß die Klägerin die Beklagten für den Fall einer Nichteinigung über die angestrebten Änderungen und Ergänzungen aus dem ursprünglichen Vertrag entlassen wollte und tatsächlich auch entlassen hat. Dies behaupten selbst die Beklagten nicht.
Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht im Hinblick darauf geboten, daß die Beklagten den Vertreter der Klägerin bereits vor Abgabe der Zustimmungserklärung seitens der Klägerin gemäß Schreiben vom 21. 4. 1992 auf eventuelle Änderungswünsche hingewiesen haben. Denn diese Änderungswünsche hoben die Bindung der Beklagten an ihr Vertragsangebot vom 31. 3. 1992 nicht auf. Hieran blieben sie vielmehr gebunden. Nur dieses Angebot hat die Klägerin schließlich mit ihrem Schreiben vom 21. 4. 1992 angenommen. Mit dieser Annahmeerklärung wurde der Vertrag mit dem ursprünglichen Inhalt für beide Seiten bindend.
4. Soweit die Beklagten nach wie vor in ihrem Schreiben vom 1. 7. 1992 und in ihrem auf Klageabweisung gerichteten erstinstanzlichen Klageantrag eine Widerrufserklärung nach den Vorschriften des HaustürWG sehen, haben sie ebenfalls keinen Erfolg. Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 des genannten Gesetzes besteht ein Recht auf Widerruf nicht, wenn die mündlichen Verhandlungen, auf denen der Abschluß des Vertrages beruht, auf vorhergehende Bestellung des Kunden geführt worden sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Die Beklagten räumen im zweiten Rechtszug ein, daß sie das Vertragsgespräch vom 28.3.1992 mit dem Fachberater der Klägerin, dem Zeugen S. nicht in ihrer Wohnung, sondern im Musterhauszentrum der Klägerin in D. führten. Demgemäß handelte es sich bei diesem Vertragsgespräch nicht um eine Verhandlung, die an ihrem Arbeitsplatz oder in ihrer Privatwohnung (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HaustürWG) stattfand. Unter Berücksichtigung des unstreitigen Teils des Sachverhalts und der Umstände des Falles ist darüber hinaus aber auch davon auszugehen, daß der genannte Fachberater der Klägerin zu dem abschließenden Gespräch vom 31. 3. 1992 in der Wohnung der Beklagten auf deren vorhergehende Bestellung erschienen ist. Die Beklagten bestreiten nicht, daß sich das Gespräch vom 28. 3. 1992 nicht auf einen reinen Informationsaustausch beschränkte, sondern hierbei bereits Vertragsverhandlungen geführt worden sind, die einvernehmlich fortgesetzt werden sollten. So ging es den Beklagten darum, zunächst den für den 31. 3. 1992 vorgesehenen Notartermin zum Abschluß des Kaufvertrags über das Baugrundstück wahrzunehmen. Es war also ihre Absicht, die mit der Klägerin eingeleiteten Verhandlungen über die Lieferung und die Errichtung eines Fertighauses erst nach Abschluß des Grundstückskaufvertrags fortzusetzen und zu beenden. Ihrem Wunsch, diese abschließenden Verhandlungen in ihrer eigenen Wohnung mit dem Vertreter der Klägerin zu führen, haben sie in ihrer handschriftlichen Wegebeschreibung eindeutig zum Ausdruck gebracht. Diese Wegebeschreibung haben sie unstreitig dem Fachberater der Klägerin am 28. 3. 1992 übergeben. Sie war inhaltlich an ihn persönlich gerichtet und sollte ihm die Fahrt zu ihrer Wohnung erleichtern. Diese Beschreibung steht einer Einladung i. S. einer vorhergehenden Bestellung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 HaustürWG gleich. Diese Beurteilung findet ihre Bestätigung in der schriftlichen Erklärung, welche die Beklagten und der genannte Fachberater der Klägerin unter dem 28. 3. 1992 unterzeichneten. Hierin bestätigten die Beklagten durch ihre Unterschrift, die am 28. 3. 1992 mit der Klägerin begonnenen Verhandlungen noch nicht abgeschlossen zu haben und auf beiderseitigen Wunsch am 31. 3. 1992 fortsetzen zu wollen. Diese Urkunde hat die Vermutung der inhaltlichen Vollständigkeit und Richtigkeit für sich (vgl. § 286 ZPO). Die Beklagten haben zwar die Art und Weise der Abgabe dieser Erklärung, nicht aber deren inhaltliche Richtigkeit bestritten. Auch sie spricht indessen eindeutig für eine einvernehmliche Bestellung des Fachberaters der Klägerin zu einem weiteren abschließenden Vertragsgespräch.
5. Der Zahlungsanspruch der Klägerin ist auch der Höhe nach ohne Einschränkung begründet.
a) Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung angenommen, daß es sich bei der Vertragsklausel zu § 7 Nr. 1 nicht um ein Vertragsstrafenversprechen handelt. Da auch hiergegen ein Berufungsangriff der Beklagten nicht vorliegt, erübrigen sich weitere Ausführungen.
b) Bei zutreffender Bewertung handelt es sich bei der vorgenannten Klausel um die Abrede einer Vergütungspauschale i. S. des § 10 Nr. 7 AGBG. Hinsichtlich der Wirksamkeit dieser Klausel bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
§ 10 Nr. 7 AGBG läßt pauschale Abwicklungsregelungen in Formularverträgen grundsätzlich zu, soweit sich der Verwender keine unangemessenen Vorteile versprechen läßt. Die Angemessenheit der Vergütung richtet sich danach, was ohne die Klausel nach dem Gesetz geschuldet würde. Dabei ist nicht auf die besonderen Umstände des Einzelfalles, sondern auf die typische Sachlage abzustellen. So ist bei einem Fertighausvertrag ein pauschaler Vergütungsanspruch in Höhe von 5 % der Gesamtauftragssumme selbst dann, wenn mit der Errichtung des Fertighauses noch nicht begonnen worden war, beschränkt auf den bloßen Aufwendungsersatz als angemessen bewertet worden. Darüber hinaus bestehen keine Bedenken, neben dem bloßem Aufwendungsersatz den Unternehmergewinn mit weiteren 5 % zu pauschalieren. Eine Vergütungspauschale in Höhe von insgesamt 10 % stellt sich daher als angemessen dar, bildet gleichzeitig aber auch im allgemeinen die Obergrenze. Nach allem ist die im vorliegenden Fall unter § 7 Nr. 1 des Vertrages enthaltene Vergütungsklausel als rechtswirksam zu behandeln.
Soweit den Beklagten gemäß § 7 Nr. 3 des Vertrages die Möglichkeit eingeräumt ist, den Nachweis der Angemessenheit einer niedrigeren Vergütung zu führen, haben sie hiervon keinen Gebrauch gemacht. Sie haben sich darauf beschränkt vorzubringen, die Klägerin habe an Leistungen nur zwei Beratungsgespräche von jeweils 3 Stunden durch den Architekten T. erbracht; an Betriebs- und Kalkulationskosten seien nur solche in geringem Umfang entstanden. Die Beklagten lassen hierbei unbeachtet, daß neben den Beratungsgesprächen des mit dem Architekten T. auch Informations- und Beratungsgespräche mit dem Fachberater der Klägerin stattgefunden haben. Sie haben ferner allgemeine Betriebs- und Vorhaltekosten der Klägerin unberücksichtigt gelassen und schließlich auch den angemessenen Unternehmergewinn, der der Klägerin aus diesem Geschäft entgangen ist, nicht mit in Ansatz gebracht.
Nach allem hat das Landgericht der Klägerin zu Recht eine Vergütung in Höhe von 42 570,- DM zuerkannt.