Instanzgerichte Entscheidungen


Keine Heilung des nach § 311b nichtigen Hausvertrages durch nachfolgenden Grundstückserwerb


Im Januar 2003 hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe folgende Entscheidung verkündet:

Eine Formbedürftigkeit des Bauvertrages ist schon dann zu bejahen, wenn nach den Vorstellungen der Partner des Grundstückskaufvertrages dieser geschlossen wird, um die Ausführung des Bauvertrages zu ermöglichen.


OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.01.2003 - 13 U 51/02

Gründe:
I.
Das Landgericht hat die Klage, mit der die Klägerin nach Scheitern des zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrags Vergütung für erbrachte sowie nicht erbrachte Leistungen begehrt hat, wegen Nichtigkeit des zwischen den Parteien bestehenden Bauvertrages abgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin, die rügt, das Landgericht habe unzutreffend angenommen, dass Bauvertrag und später von den Beklagten geschlossener Grundstückskaufvertrag in rechtlichem Zusammenhang stünden.

Die Verpflichtung der Klägerin sei nicht auf das konkrete Grundstück beschränkt gewesen, was sich - neben den in erster Instanz vorgebrachten Gesichtspunkten auch aus Nr. 2. u. 4. des Vertrages ergebe.
Der Bauvertrag sei auf jedem Grundstück zu realisieren gewesen, und aus keiner der Vertragsbestimmungen lasse sich entnehmen, dass der Bauvertrag nur für den Fall des Grundstückserwerbes Bestand haben sollte. Die Unabhängigkeit (oder jedenfalls ausschließlich wirtschaftliche Abhängigkeit) beider Verträge voneinander sei schließlich in der Folgezeit dadurch bestätigt worden, dass die Beklagten das Grundstück trotz zunächst nicht zu realisierender Planungen erworben hätten.

II.
1.
Die Berufung der Klägerin ist zurückzuweisen, da das Landgericht in seiner Entscheidung mit zutreffenden Gründen die Formnichtigkeit des zwischen den Parteien am 19.07.1999 privatschriftlich geschlossenen Bauvertrages angenommen hat.

Gemäß § 313 Satz 1 BGB (a.F.) hätte dieser, da er mit dem am 18.04.2000 protokollierten Grundstückskaufvertrag in rechtlichem Zusammenhang stand, der notariellen Beurkundung bedurft.

a) Vorliegend ergibt die Würdigung der Umstände des Vertragsschlusses wie auch vom Landgericht bereits zutreffend dargestellt - sowie die vertragliche Vereinbarung selbst, dass (zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bauvertrages) der Grundstückskaufvertrag mit diesem "stehen und fallen" sollte (BGHZ 78, 346 ff.); dabei genügt die nur einseitige Abhängigkeit (BGH NJW 2001, 226 ff.; BGH NJW 2002, 2559 ff.), wenn die mit dem Normzweck des § 313 Satz 1 BGB verbundenen Schutzfunktionen eine Erstreckung des Formgebotes erfordern. Eine Formbedürftigkeit des Bauvertrages ist folglich schon dann zu bejahen, wenn nach den Vorstellungen der Partner des Grundstückskaufvertrages dieser geschlossen wird, um die Ausführung des Bauvertrages zu ermöglichen (BGH NJW 2002, a.a.O.).
Ausreichend ist ein entsprechender Verknüpfungswille nur eines der Vertragspartner (BGHZ 78, 346, 349). Dies folgt nicht nur aus dem Normzweck des § 313 S. 1 BGB, sondern darüber hinaus auch daraus, dass die Annahme einer Einheitlichkeit beider Rechtsgeschäfte nicht voraussetzt, dass an beiden dieselben Parteien beteiligt sind (BGH a.a.O.). Die zeitliche Abfolge beider Verträge ist für die Bewertung der rechtlichen Einheit unerheblich.
Entsprechend ist es ohne Belang, dass die Beklagten auf dem genannten Grundstück heute ein Bauvorhaben ohne die Klägerin realisiert haben; entscheidend ist der Einheitlichkeitswille bei Vornahme des Rechtsgeschäfts. Dieser lag sowohl bei Abschluß des Bauvertrages auf der Grundlage konkreter durch die Klägerin vorbereiteter Planungen als auch auf Seiten der Beklagten noch bei Protokollierung des Grundstückskaufvertrages vor. Letzteres ergibt sich eindrücklich aus dem Schreiben der Beklagten vom 14.06.2000 (Anlage B 6). Neben den auch im übrigen zutreffenden Gründen sah das Landgericht ein gewichtiges Indiz für den rechtlichen Zusammenhang beider Verträge in der Tatsache, dass sich der Bauvertrag ausweislich seiner Bestimmungen und der zur Werbung geschalteten Anzeige in der Badischen Zeitung auf ein ganz bestimmtes Grundstück beziehen sollte. Für dieses existierten bereits konkrete Planungen (vgl. Anlage K 1, die auf Pläne vom 10.07.1999 verweist), die unstreitig die Besonderheiten der Grundstückssituation berücksichtigten. So war zunächst nicht nur geplant, dass der Eigentümer des Grundstückes selbst am Bau beteiligt wird, sondern auch der Anbau an ein bereits vorhandenes Wohngebäude vorgesehen. Auf dieser Grundlage nennt die Anzeige der Klägerin auch bereits den Gesamtpreis des Bauvorhabens, der den Kaufpreis für das Grundstück ersichtlich einschließt (was sich aus der Zusammenschau der Anlagen B1, K1 und B6 ergibt). Insofern ist der Vortrag der Klägerin, mit dem sie ohne jede weitere Erläuterung behauptet, die (konkreten) Planungen hätten auch auf jedem anderen Grundstück realisiert werden können, nicht nachvollziehbar.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich aus diesen Umständen sowie den einzelnen Regelungen des Bauvertrages, dass die Klägerin ihre Vertragspflichten wie sie mit Vertrag vom 19.07.1999 festgelegt wurden, auf die Überbauung des konkreten Grundstückes beschränkt sah (zur Annahme eines rechtlichen Zusammenhangs gerade für diesen Fall: BGH NJW 1994, 721).
Dafür spricht neben den durch das Landgericht angeführten Gründen auch die Bestimmung unter
Nr. 9 des Vertrages. Nach dieser sind bei Planänderungen (die angesichts der besonderen Grundstücksverhältnisse bei Erwerb eines anderen Grundstückes zwingend gewesen wären) Festpreis und Bauzeit neu zu vereinbaren. Für diesen Fall sollte der Bauvertrag also gerade keinen Bestand haben, obwohl es den Beklagten sowohl auf die Fixierung eines Festpreises als auch die Bauzeit ersichtlich ankam. Bei Auswahl eines anderen Grundstücks sah sich die Klägerin folglich an entscheidende Teile des Bauvertrages nicht gebunden. Dies wird noch unterstrichen durch die Regelung der Nr. 9.2., die einen Anspruch des Bauherren auf Erfüllung des Bauvertrages (selbst wenn man eine Neuvereinbarung der Konditionen unterstellt) ausschließt, sofern eine Finanzierungsbestätigung für die geänderten Umstände nicht vorgelegt werden kann. Entsprechend findet sich unter Nr. 24 der Leistungsbeschreibung auch der Hinweis, Grundlage für den Festpreis seien die dem Auftrag zugrundeliegenden Pläne und das Angebot. Schon angesichts dieses Risikos ist auch auf Seiten der Beklagten ein entsprechender Verknüpfungswille anzunehmen, der sich zudem (auch für die nach Ablehnung des ersten Bauantrages geänderte Situation) aus dem bereits zitierten Schreiben vom 14.06.2000, dort zweitletzter Absatz, ergibt. Nicht gegen die Annahme einer rechtlichen Einheit beider Verträge sprechen die unter Nr. z. und 4. des Bauvertrages statuierten Vorleistungspflichten der Beklagten, die in der tatsächlichen Situation unproblematisch waren, da das Grundstück bereits ausgewählt und ein Planentwurf (nur und gerade für dieses Grundstück) vorhanden war. Von den Parteien war trotz dieser Vorleistungspflichten - wie sich aus dem weiteren Verlauf ergibt - ein Erwerb des Grundstücks vor Bauvertragsabschluß nicht beabsichtigt, so dass diese Vorleistungspflichten vielmehr dafür sprechen, dass der Grundstückskauf zur Ausführung des konkreten Bauvertrages erfolgen sollte und der Verknüpfungswille bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestand. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Beklagten angeblich das Risiko der Genehmigung trugen, da nach den Gesamtumständen des Vertragsschlusses dieses Risiko ausschließlich die Überplanung des benannten Grundstückes betreffen konnte. Im übrigen bestehen mit den Regelungen der "Individuellen Leistungsaufstellung" (Anlage K 1) bereits Zweifel an dieser von der Klägerin behaupteten Risikoverteilung. Dort heißt es nämlich unter 5.: "Punkt 5.5 (des Bauvertrages) liegt im Risikobereich der Firma Grafried".

Der rechtliche Zusammenhang wird auch nicht durch den im Vertrag unter Nr. 1 enthaltenen Passus "oder ein anderes Grundstück" aufgelöst, da diesem angesichts des Regelungszusammenhangs der übrigen Vertragsbestimmungen keine Bedeutung zukommen kann. Die Möglichkeit der Auswahl eines anderen Grundstücks war ohne erhebliches Risiko der Beklagten gerade nicht eröffnet und von keiner der Vertragsparteien ernsthaft ins Auge gefasst. Vielmehr zeigen die späteren Bemühungen beider Seiten sowie die gewechselten Schreiben, dass an einer Realisierung des Bauvorhabens auf dem ausgesuchten Grundstück festgehalten werden sollte. Schließlich ist nicht ersichtlich, warum sich die Beklagten ohne beabsichtigten Erwerb des genannten und in ihrem Sinne überplanten Grundstücks bereits vorab ohne Grund durch einen für sie mit hohem Risiko behafteten Bauvertrag binden sollten (siehe dazu auch BGH NJW 94, 721 f.).

b) Der Formmangel des Bauvertrages wurde nicht schon gemäß § 313 Satz 2 a.F. BGB analog durch Abschluss des Grundstückskaufvertrages geheilt. Mit Abschluss des Grundstückskaufvertrages wird der Schutzzweck der Formvorschrift bezogen auf den Bauvertrag nämlich gerade nicht erreicht, da dieser die Rechtslage bezüglich des Bauvertrages noch nicht derart verfestigt, dass eine entsprechende Anwendung des § 313 Satz 2 BGB geboten wäre (vgl. BGH NJW 2002, 2559 a. E.).
c) Eine Heilung der Formunwirksamkeit des Bauvertrages gem. § 313 Satz 2 BGB a.F. trat auch nicht mit Auflassung des Grundstücks im Dezember ein. Die Heilung würde voraussetzen, dass zum Zeitpunkt der Auflassung eine Willensübereinstimmung der Parteien des Bauvertrages in seiner ursprünglichen Ausgestaltung zumindest in den wesentlichen Bestimmungen noch anzunehmen wäre (Staudinger-Wufka, 13. Aufl., Bearb. 2001, RN. 265 zu § 313, BGH NJW-RR 1993, 522, BGH NJW 1981, 2293 jeweils m.w.N.). Die Beweislast für diesen Umstand trägt die Klägerin (BGH NJW-RR 1993, 522). Von einer Willensübereinstimmung der Parteien noch im Dezember ist auf der Grundlage der vorgelegten Schreiben nicht auszugehen. Das Landgericht hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin bereits mit Schreiben vom 17. Februar 2000 (Anlage K6) dokumentiert hatte, dass sie den ursprünglichen Bauvertrag vom 19.7.1999 nicht mehr als Grundlage der Bauausführung ansehe. Diese Haltung spiegelt sich auch in den diversen schriftlichen Einigungsversuchen der Parteien wider. Mit Schreiben vom 24.10.2000 und 20.12.2000 (Anlagen K 14 und 16) rückte die Klägerin auch für die Beklagten erkennbar (s. Anlage K 12) schließlich endgültig von dem ursprünglichen Vertragsinhalt ab und unterbreitete eine neue Vertragsgestaltung, der nicht nur geänderte Pläne zugrunde lagen, sondern die auch einen neuen Festpreis und neue Bauzeiten vorsah. Zum Abschluss dieses neuen Vertrages kam es jedoch nicht mehr, so dass ohne Belang ist, dass die Beklagten noch Anfang Dezember Sonderwunschvereinbarungen unterzeichneten, die erkennbar auf diesen neuen Vertragsabschluss bezogen waren (vgl. die Zusammenstellung der neuen Vertragsunterlagen wie mit Anlage K 16 vorgelegt). Ein Festhalten der Beklagten an dem Ausgangsvertrag dokumentiert dies folglich nicht. Der Annahme fehlender Willensübereinstimmung widerspricht nicht, dass dem Schreiben der Beklagten vom 14.6.2000 ein Indiz für den auf ihrer Seite bestehenden Verknüpfungswillen bezogen auf Bau- und Grundstückskaufvertrag zu entnehmen ist (vgl. oben II.1.a.), da die für eine Heilung erforderliche Willensübereinstimmung nicht nur den Willen zur Einheit beider Verträge, sondern auch ein übereinstimmendes Festhalten beider Seiten an den wesentlichen Vertragsbestimmungen voraussetzt. Gerade die Klägerin war jedoch schon am 17.2.2000 von den wesentlichen Vereinbarungen abgerückt, indem sie mitgeteilt hatte, eine Realisierung des Bauvorhabens auf der vereinbarten Vertragsgrundlage sei nicht möglich. Alle nachfolgenden Verhandlungen lehnten sich deshalb zwar an den Ursprungsvertrag an, sollten aber gerade für Preis und Bauzeit auf der Grundlage geänderter Pläne in eine neue Vereinbarung münden.
d) Der Klägerin steht kein Anspruch auf Aufwendungsersatz nach den Grundsätzen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670 BGB) zu. Dieser Anspruch ist bei Annahme der Nichtigkeit des Bauvertrages nicht grundsätzlich ausgeschlossen (BGH BauR 1994, 110). Hier hat die Klägerin jedoch - worauf das Landgericht einleitend in den Entscheidungsgründen hingewiesen hat - nicht hinreichend dargetan, dass für die den Aufwendungen zugrundeliegenden Leistungen ein Fremdgeschäftsführungswille bestand und ihre Aufwendungen auch der Höhe nach nicht schlüssig vorgebracht.
Selbst wenn man aus der Tatsache, dass gemäß Nr. 2 der Leistungsbeschreibung die Baugesuchsplanung den Beklagten oblag, einen Fremdgeschäftsführerwillen folgern wollte, so hat die Klägerin nicht dargelegt, für welche konkreten Leistungen sie Aufwendungen begehrt. Dies wäre vor dem Hintergrund, dass bereits als Grundlage der Verkaufsbemühungen (also im Interesse der Klägerin) Planungen erstellt worden waren, näher zu begründen gewesen. Eine pauschale Berechnung des Aufwendungsersatzanspruches auf der Grundlage des - nichtigen - Vertrages scheidet gleichfalls aus.
e) Für Ansprüche der Klägerin aus c.i.c. bestehen keine Anhaltspunkte.